EHEMALIGE SCHÜLER

Einblicke in das spätere Wirken einiger unserer ehemaligen Schüler

Rudolf Förster
Willy Rudolf Foerster – der Oscar Schindler aus Reichenbach!

Ein Judenretter, der vor und nach dem Sturz des NS-Regimes von ehemaligen Nationalsozialisten in der Öffentlichkeit und vor Gericht diffamiert wurde!

Ein Judenretter geboren in Reichenbach und ehemaliger Schüler des Goethe-Gymnasiums!

Ja, so etwas gibt es: Sein Name lautet Willy Rudolf Foerster.

"Wer einen (jüdischen) Menschen rettet, ist es, als würde er eine Welt erretten."

לפיכך נברא אדם יחידי ללמדך שכל המאבד נפש אחת מישראל מעלה עליו הכתוב כאילו איבד עולם.

(babylonischen Talmud Traktat Sanhedrin 37a)

(Kim Kretzschmann 10a, 2021/22)

« Zur Artikelliste

Willy Rudolf Foerster wurde am 15. Juli 1905 als Sohn eines Textilingenieurs geboren. Er lebte in Reichenbach in der Nordstraße Nr. 13 (heute: Weinholdstraße Nr. 47). W. R. Foerster wurde in der Peter-Paul-Kirche konfirmiert und besuchte das Goethe-Gymnasium.

Nach seinem Abschluss studierte er bis 1928 allgemeinen Maschinenbau in Zwickau und Berlin. Er arbeitete anschließend für Unternehmen wie die Krupp AG, Friedrich Jaeger & Co sowie BMW. Aufgrund zu niedriger Löhne verließ er jedoch Deutschland und nahm in Moskau die Arbeit in einem Flugmotoren-Werk auf. Hier traten jedoch Spannungen zwischen ihm und sowjetischen Partei-Offiziellen auf, weshalb er bereits nach einem Jahr die Stelle aufgab und nach Tokio reiste.

Dort angekommen entwickelte er aus einer von ihm gegründeten kleinen Werkstatt für Automobile, Motorräder und Dieselmotoren seine erfolgreiche Werkzeugmaschinenfabrik „NICHI DOKU KIKAI SEISAKUJO“. Foerster arbeitete in Japan zudem mit dem Jüdischen Hilfskomitee zusammen, indem er vielen Verfolgten aus Deutschland und umliegenden Ländern die Reisekosten abnahm und für Aufenthaltsgenehmigungen sowie eine Arbeitsstelle in seiner Fabrik sorgte. Nachweislich rettete er vor den Nazis geflohene Juden, indem er sie unter großem persönlichem Risiko in seiner Fabrik in Tokio anstellte. Beispiele dafür sind:

Hugo Stern, einer von Foersters ehemaligen jüdischen Angestellten, Professor Klaus Pringsheim (Komponist und Dirigent), sein Sohn, der Journalist Hans-Erik Pringsheim, der Rechtswissenschaftler Professor Theodor Hermann Sternberg, Hans Alexander Straus (ein Hauptakteur des Jüdischen Flüchtlingskomitees in Tokio), Karl Rosenberg und andere.

Um Foersters politischen Widerstand zu brechen, wurde er in Japan durch das Gestapo-Mitglied und deutschen Polizeiattaché J. A. Meisinger, dem „Schlächter von Warschau“, gezielt als Jude und Nazigegner diskreditiert. Dies führte so weit, dass er Ende Mai 1943 mit seiner japanischen Ehefrau Hideko Foerster und Angestellten seiner Firma verhaftet wurde. Deutsche Nationalsozialisten hatten den japanischen Behörden ein gefälschtes Vorstrafenregister eines deutschen Kriminellen gleichen Namens zugespielt. Unter Anwendung von Folter wurde er verhört. Weiterhin stand er unbegründet unter dem Verdacht, ein sowjetischer Spion zu sein. 26 Monate nach seiner Verhaftung wurden die Foersters wegen Unschuld entlassen. Trotzdem musste W. R. Foerster seine Firma zu einem Zehntel des eigentlichen Wertes verkaufen und erhielt diesen Erlös nie ausgezahlt. Er wurde unter Hausarrest gestellt.

Mitte Mai 1945 wurde er erneut verhaftet und im Gefangenenlager „Koishikawa“ in Shanghai interniert, da er auf einer Liste potenzieller Achsengegner stand. In diesem Lager versorgte er die anderen Insassen mit Lebensmittel vom Schwarzmarkt und aus eigenen Lagerbeständen. Außerdem rettete vielen Menschen das Leben, als in der Nacht vom 24. zum 25. Mai ein großes Feuer durch Bombardierungen von den Alliierten ausbrach und die japanische Polizei den Internierten den Ausgang versperrte.

Nach dem Sieg der USA über Japan im August wurde Foerster beschuldigt, als Nazi an deren Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Sein gesamtes Vermögen wurde durch US –amerikanische Behörden beschlagnahmt, er selbst 1947 mit seiner Familie nach Deutschland repatriiert. Als Beweis wurden unter anderem den Amerikanern von japanischen Beamten die falschen Listen aus dem Jahr 1942 mit Straftaten vorgelegt, welche Willy Rudolf Foerster in nie begangen hatte. Durch diese Listen wurde er von den Amerikanern als „gefährlichster Nazi“ Japans klassifiziert.

Noch bevor W. R. Foerster in Deutschland ankam, sorgten ehemalige Feinde, Nazis und deutsche Botschafter aus Japan dafür, dass ihn die Zeitschrift „Revue“ als sowjetischer Spion diffamierte. Als er den Verlag verklagte, da dieser die falschen Behauptungen nicht korrigierte, folgt ein bis ins Jahr 1962 andauernder Prozess. Dieser ergab, dass die Enteignung der Familie Foerster 1945 illegal war, genauso wie die Repatriierung nach Deutschland 1947. Fast 20 Jahre prozessierte er gegen Verleumdungen durch NS-Seilschaften. 

1963 wurden Willy Rudolf Foerster und Hideko Foerster ein Schmerznesgeld von 7 390 DM zugesprochen. Dies war jedoch im Vergleich zu dem in Japan verlorenen Gesamtvermögen sehr wenig. Anfang 1966 fand schließlich ein Konkursverfahren über das Millionenvermögen der Foersters statt und endete damit, dass nicht einmal seine Nachfahren die Vermögenswerte zurückerhielten.

1966 endeten die Prozesse mit der Bestätigung seiner NS - Gegnerschaft.

W. R. Förster starb am 19. Februar 1966 in Heppenheim an der Bergstraße an einem Herzinfarkt. 

Abschließend möchte ich mich noch für die Unterstützung durch das Personal des Stadtarchivs Reichenbach Frau Igl, Dr. Clemens Jochem, Stephan Hösl und Gerd Möckel bedanken.

Kim Kretzschmann, 10a; 2021/22

Arbeitsgrundlage:

Jochem, Clemens (2017): Der Fall Foerster. Die deutsch-japanische Maschinenfabrik in Tokio und das Jüdische Hilfskomitee. Berlin: Hentrich & Hentrich. 2017

« Zur Artikelliste